Freitag, 09. November 2018

Vortrag in der Frauenhilfe zur NS-Zwangsarbeit

Die Verständigung war schwierig, sie blieben immer ein bisschen fremd – aber sie saßen zu den Mahlzeiten oft mit am Tisch, und der Umgang war durchaus familiär: An die Zwangsarbeiter in Ochtrup während der Kriegsjahre können sich noch viele aus ihrer eigenen Kindheit erinnern.
Rund 2500 Ochtruper wurden im Zweiten Weltkrieg als Soldaten eingezogen, und an Arbeitskräften fehlte es allenthalben in den  handwerklichen und landwirtschaftlichen Familienbetrieben. So wurden Kriegsgefangene und Zivilpersonen  aus den besetzten Ländern aufgegriffen und zur Arbeit in deutschen Betrieben gezwungen.

Stadtarchivarin Karin Schlesiger stellte in ihrer Präsentation zunächst einige Zahlen und Fakten vor: Rund 1700 Arbeiterinnen und Arbeiter  – viele davon aus den Niederlanden oder aus osteuropäische Ländern – waren in den Kriegsjahren in Ochtrup in der Landwirtschaft, in Industrie- und Handwerksbetrieben im Einsatz.

Dass sie auf vielen Ochtruper Bauernhöfen guten Familienanschluss hatten, lässt sich zwar bestätigen. Allerdings könne es nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die Menschen nicht freiwillig nach Deutschland gekommen und zu der (natürlich unbezahlten) Arbeit gezwungen waren, betont Schlesiger. Vom öffentlichen Leben blieben die Zwangsarbeiter ausgeschlossen. Kontakt zur einheimischen Bevölkerung stand offiziell ebenso unter Strafe wie der Besuch kirchlicher und kultureller Veranstaltungen.  Liebesbeziehungen zwischen Zwangsarbeitern und Deutschen, die sich hier und da ereignet hatten, wurden sogar mit dem Tode bestraft.

Aber es gab in Ochtrup auch Nischen der Menschlichkeit. Ein besonderes Beispiel dafür gab Andreas Pohlmann, Geschichtslehrer des Städtischen Gymnasiums, im zweiten Teil des Vortrags: Er berichtete über ein Schülerprojekt zur Zwangsarbeit bei der Textilfirma Laurenz in Ochtrup. Hier wurde für die Kinder der 28 verpflichteten  sogenannten „Ostarbeiterinnen“ eigens eine Kinderkrankenschwester eingestellt. Die junge Frau kümmerte sich  im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit besonderem humanitärem Einsatz um die Kinder der Zwangsarbeiterinnen, während diese ihrer Arbeit in der Fabrik nachgingen.

Für die bei der Firma Laurenz verstorbenen Zwangsarbeiterkinder gestalteten die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums im vergangenen Jahr eine Gedenkstele, die heute auf dem Oster-Friedhof steht.
Die Ev. Frauenhilfe hatte sich mit einer Spende an dem Projekt beteiligt.