Freitag, 31. März 2017

„Gemeinsames Haus“

Dr. Thomas Hilker, Prof. Michael Beintker, Imke Philipps und Stefan Hörstrup gestalteten den Gesprächsabend.

Im vollbesetzten Gemeindesaal hielten am vergangenen Mittwoch Dr. Thomas Hilker vom Ökumenischen Institut der Westfälischen Wilhelmsuniversität und der emeritierten Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Beintker  interessante Impulsvorträge zum Thema Ökumene, die sie beide mit persönlich-biografischen Elementen spicken konnten: Nahezu jeder Christ hat in Deutschland seit 1945 Erfahrungen mit Konfessionsbegegnungen, sei es in der eigenen Familie, auf der Straße oder – spätestens –  in der Schule. Deshalb war es auch eine gelungene Idee von Pfarrerin Imke Philipps und dem katholischen Amtskollegen Stefan Hörstrup als Veranstalter, die Stühle nicht wie in einem klassischen Vortragssaal in Reihen hintereinander aufzustellen, sondern in mehreren kleinen Tischgruppen wabenförmig anzuordnen. Wie erwartet mischten sich die Konfessionen auch an den Tischen, und zwischen den Vorträgen und der Podiumsdiskussion hatten die Besucher Gelegenheit, sich in ihrer Tischgruppe über persönliche Erfahrungen und Vorstellungen zur Ökumene auszutauschen.

Zu dieser Tischanordnung passte wie abgesprochen die Zeichnung des Polyeders, eines vielflächigen geometrischen Körpers, die Hilker vor seinem Vortrag ausgeteilt hatte. Den Polyeder setzte der katholische Theologe an die Stelle des Bildes konzentrischer Kreise um den Mittelpunkt Rom als Symbol für die heutige Ökumene mit Verweis auf Papst Franziskus: „Wie ein Kristall, das das Licht vielfältig bricht, bildet der Polyeder eine Einheit, aber seine Teile sind alle verschieden. Jedes hat seine Besonderheit. Das ist die Einheit in der Vielfalt.“

Hilker zeichnete in seinem Vortrag die Grundzüge der Geschichte der Ökumene seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil nach, mit dem die katholische Kirche offiziell in die ökumenische Bewegung eingetreten ist. Als neuestes Zeugnis umfassender ökumenischer Weltsicht erklärte er die  Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus. Er verwendet darin das Bild vom „gemeinsamen Haus“, zu  dessen Sorge die Menschen neu herausgefordert sind angesichts weltweiter dringlicher Problemlagen: „Ökumene ist die gemeinsame Wiederentdeckung des ursprünglichen, auf Jesus Christus gegründeten Dienstes für die Bewahrung der Schöpfung und den Frieden in der Welt.“

Diesen Aspekt griff auch Prof. Beintker in seinem anschließenden Vortrag auf. „Das Reformationsfest 2017 ist dafür ein gutes Beispiel“, meinte er: Wenn Reformationsfeiern in der Geschichte bislang Anlass zur konfessionellen Abgrenzung gewesen seien, so solle das nun erstmals anders werden, wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Deutsche Bischofskonferenz vereinbart haben. Es ginge 500 Jahre nach dem Thesenanschlag Martin Luthers nicht darum, dass die Evangelische Kirche sich selbst feiere, sondern vielmehr um die Rückbesinnung auf Jesus Christus als gemeinsames Fundament, in der die Einheit im Glauben beider Konfessionen sichtbar wird. Er nannte als markantes Hoffnungszeichen  dafür den ökumenischen Buß- und Versöhnungsgottesdienst, der am 11. März in Hildesheim stattfand. In der gemeinsamen Feier des Gottesdienstes, zeige sich – auch vor Ort in den Gemeinden – die Einheit der geistlichen Gemeinschaft am deutlichsten.

Es sei eine seiner biografischen Grunderfahrungen, so Beintker, dass die Menschen an der Basis als „Schrittmacher“ ökumenisch immer schon weiter seien als die kirchlichen Autoritäten. Dem konnten die Besucher aus vollem Herzen zustimmen. Viele Fragen und Beiträge, dessen Spektrum vom ökumenischen Religionsunterricht bis zur Frage der Frauen im Amt reichte, fanden an diesem lebendigen Gesprächsabend Platz im „gemeinsamen Haus“, und es wurde deutlich: Die verschiedenen Konfessionen, die auch in Ochtrup schon schwierigere Zeiten hatten, sind 2017 gut und vielfältig miteinander unterwegs. Davon zeugen auch weitere gemeinsame Aktionen, die für das Jubiläumsjahr geplant sind.