Freitag, 21. Februar 2014

„Todschicke Mode“

Heike Bergmann bei der Frauenhilfe

Heike Bergmann als Referentin bei der Ochtruper Frauenhilfe

Wer mit offenen Augen durch das FOC geht, kennt das dort ausgestellte Bild vom Anfang des vergangenen Jahrhunderts: Näherinnen sitzen, in ihre Arbeit vertieft, eng an eng vor ihren Nähmaschinen. Es sieht nach harter Arbeit aus. „Wer von Ihnen hat denn früher in der Textilindustrie gearbeitet?“ fragte Referentin Heike Bergmann in die Runde der evangelischen Frauenhilfe am vergangenen Mittwochnachmittag. Mehrere Hände gingen hoch. „Dann wissen sie, was Qualität am Arbeitsplatz ausmacht.“ Gewiss: Einfach war es damals auch hier nicht. Die Akkordarbeit war anstrengend, die Löhne nicht übermäßig. Dennoch gab es auch früher schon bestimmte rechtliche und soziale Standards für die Arbeiterinnen. „Darum waren auch Fabrikanten wie die Familien Laurenz oder van Delden bemüht“, so Heike Bergmann. Das ist heute in den sogenannten Billiglohnländern, in die die Textilindustrie abgewandert ist, ganz anders. Dort arbeiten Männer, Frauen und zum Teil auch Kinder unter menschenunwürdigen Bedingungen, um die Modeindustrie hierzulande florieren zu lassen.

In ihrem Vortrag „Todschicke Mode“ gab Heike Bergmann einen erschütternden Einblick, was jenseits der Laufstege und der farbenfrohen Schaufensterauslagen passiert, unter welchen Strapazen und gesundheitlichen Gefahren zum Beispiel unsere trendigen „Used-Look“-Jeans hergestellt sind. Die Zuhörerinnen waren sich einig: Es ist im buchstäblichen Sinne untragbar, dass Menschen an anderen Orten der Welt für unsere Mode in dieser Form ausgebeutet werden. Aber: „Was können wir beitragen?“ Ideen wurden gesammelt. „Sich nicht an Dumpingpreisen orientieren.“ Und: „Nicht ständig Neues kaufen und Kleidung wie Wegwerfprodukte behandeln.“ Lieber auf Qualität und Nachhaltigkeit achten: Das ist eine Form der „Politik mit dem Einkaufskorb“, die wir als Konsumentinnen betreiben können, erläuterte Heike Bergmann.

Schließlich soll Ochtrup, wie bereits viele Nachbarorte, demnächst auch Fairtrade-Stadt werden. „Unter diesem Vorzeichen können Sie ruhig mal Ihren Einzelhändler vor Ort fragen, wie er mit seinen Produkten dazu beiträgt“. Viele Initiativen, auf die man sich berufen kann, fordern schon lange das Recht auf Arbeitsschutz, Gesundheitsvorsorge existenzsichernde Löhne in der weltweiten Textilproduktion. Über dieses wichtige und aufrüttelnde Thema unterhielten sich die Frauenhilfsmitglieder noch eine ganze Weile beim gemeinsamen Kaffee. À propos: Der Kaffe kommt hier, im evangelischen Gemeindehaus, grundsätzlich aus fairem Handel.

Unter dem Titel „Kann denn Mode Sünde sein?“ gestaltet die Frauenhilfe gemeinsam mit Pfarrerin Heike Bergmann zu dem Thema am Sonntag, den 23. Februar um 10.15 Uhr, einen Zentralgottesdienst in der ev. Kirche Ochtrup.

Katrin Kuhn

Dieser Artikel erschien leicht abgeändert auch im Ochtruper Tageblatt.