Dienstag, 22. Januar 2013 Schlagwörter: Glaube, Kirche
Kirchliche Bestattung – trotz Kirchenaustritt?
Immer wieder kommt es vor, dass jemand, der aus der Kirche ausgetreten ist, auf Wunsch der Angehörigen kirchlich bestattet werden soll. Hin und wieder erreichen uns auch Bitten, dass ein katholischer Christ evangelisch beerdigt werden soll. Und wie steht es mit der Übernahme eines Patenamtes, wenn jemand nicht (mehr) in der Kirche ist? Dazu möchte ich in diesem Artikel einen kurzen Beitrag geben, obwohl dieses Thema nicht ein für alle mal beschrieben werden kann. Dafür ist es zu kompliziert.
Ein Kirchenaustritt geschieht in Deutschland bei einer staatlichen Behörde, bei uns beim Amtsgericht. Der Austritt wird der zuständigen Kirchengemeinde dann mitgeteilt. In den vergangenen zehn Jahren sind durchschnittlich neun Personen pro Jahr aus unserer Kirchengemeinde ausgetreten (bei etwa 3.000 Gemeindegliedern und durchschnittlich fünf Eintritten pro Jahr). Etwa 11% der Bewohner in Metelen und Ochtrup sind evangelisch, ca. 80% sind römisch-katholisch.
Jeder Mensch hat das Recht, seine Mitgliedschaft in der Kirche aufzukündigen, ohne seine Gründe dafür bekannt geben zu müssen. Religionsfreiheit ist eines der Grundrechte, um das viele Menschen lange gerungen haben. Dazu gehört auch die sog. negative Religionsfreiheit, also das Recht, keiner Konfession anzugehören. Dass es in Glaubenssachen keinen Zwang geben kann, ist eine der Grundeinsichten evangelischen Glaubens! „Sine vi sed verbo“, „ohne Gewalt, allein durch die Überzeugungskraft des Wortes“, so formulierten die Reformatoren ihr Ziel, den Glauben weiterzugeben.
Keine kirchliche Bestattung gegen den Willen des Verstorbenen
Wer aus der Kirche austritt, gibt damit zu erkennen, dass er mit der Gemeinschaft in der Kirche und ihren Vollzügen nichts mehr zu tun haben möchte. Die Kirche respektiert das. Es kann daher grundsätzlich nicht sein, dass jemand, der zu Lebzeiten aus der Kirche ausgetreten ist, dann – möglicherweise gegen seinen Willen – kirchlich bestattet wird. Das kann für die Angehörigen sehr schwer sein, wenn diese eine seelsorgliche Begleitung und Bestattung mit Gebet und Segen möchten. Hier ist aber der Wille des Verstorbenen bindend. Auch bei einem Sterbenden ist es noch möglich, eine Änderung der Einstellung zum Glauben deutlich zu machen und den Wunsch einer kirchlichen Bestattung zu äußern. Dazu reicht ein Gespräch mit einem Seelsorger. Wer zur katholischen Kirche gehört, hat das Recht auf eine katholische Bestattung. Eine evangelische Bestattung ist dann in der Regel nicht möglich, auch deshalb nicht, um das geschwisterliche Miteinander der Kirchen vor Ort nicht zu gefährden. Auch als evangelische Kirche wünschen wir ja nicht, dass die katholische Kirche ungefragt evangelische Gemeindeglieder bestattet. Schwierig wird es dann, wenn die Angehörigen eines Ausgetretenen – oft wissen sie gar nicht, dass der Verstorbene nicht mehr in der Kirche war – eine kirchliche Bestattung wünschen. Grundsätzlich ist dann eine kirchliche Bestattung nicht möglich; pastorales und seelsorgliches Einfühlungsvermögen sind dann nötig. Ausnahmen im begründeten Einzelfall sind nach unserer Kirchenordnung nur dann möglich, wenn es aus seelsorglichen Gründen angezeigt erscheint.
Die Übernahme eines Patenamtes ist für Ausgetretene nicht möglich, weil das Patenamt für die christliche Erziehung eines Kindes zuständig ist und daher ein Bezug des Paten zum christlichen Glauben Voraussetzung ist.
Auch aus kirchlicher Sicht ist die Verweigerung eines Begräbnisses keine Aussage über das Seelenheil des Gestorbenen. Das muss jeder Christ mit seinem Schöpfer selbst ausmachen. Es ist jedoch für alle Beteiligten einfacher, wenn schon zu Lebzeiten dazu eine klare Vorstellung herrscht und diese den Angehörigen mitgeteilt wird.
— Albrecht Philipps, Pfarrer