Montag, 21. Januar 2013 Schlagwörter: Andacht, Leben
Das Ziel vor Augen?
Liebe Gemeinde,
wenn sich dieses Jahr jetzt dem Ende zuneigt, wir den November mit seiner besonderen Stimmung erleben, die so viel mit Abschied und Sterben zu tun hat, und wenn wir uns dann auch wieder auf die Advents- und Weihnachtszeit freuen können, dann kann in einem die Frage auftauchen: Was ist das Ziel unseres Lebens?
Im Arbeitszimmer von Friedrich von Bodelschwingh (1831-1910) in Bethel steht eine kleine Holztafel, auf der dieser Spruch zu lesen ist: Wer hier ermüden will, der schaue auf das Ziel, da ist Freude. Dieser Spruch ist ein Zitat eines erbaulichen Liedes des Dichters Wilhelm Erasmus Arends. Das Foto habe ich bei unserem Besuch in Bethel mit der Frauenhilfe im vergangenen Jahr gemacht. Wie oft wird sich Friedrich von Bodelschwingh diese Holztafel angesehen haben! Ermüdungen im Leben, die Frage nach dem Ziel, die kannte er auch. Er war der Leiter der von Bodelschwinghschen Anstalten und Einrichtungen, die sich bis heute um Kranke, Benachteiligte und Menschen mit Behinderungen kümmern. Bei seiner Arbeit hat er erlebt, wie Menschen müde werden können. Immer wieder ermutigte er sie und suchte nach Worten, die zum Leben stark machen.
Friedrich von Bodelschwingh und seine Frau Ida haben vorher sieben Jahre in Dellwig, das heute zu Fröndenberg gehört, gelebt. Dort war er Gemeindepfarrer. Zum Beginn des Jahres 1869 starben innerhalb von zwölf Tagen seine vier kleinen Kinder Friedrich, Elisabeth, Karl und Ernst an einer Keuchhustenepidemie. Ihre vier Gräber sind noch heute auf dem Dellwiger Friedhof zu sehen: weiße Marmor-Kreuze von unterschiedlicher Größe entsprechend ihrem Lebensalter. Was das für die Familie bedeutet hat, kann man sich gar nicht vorstellen. Da haben er und seine Frau selbst erfahren, was Ermüdung bedeutet. Später dann hat das Ehepaar noch einmal drei Kinder bekommen.
Was das Ziel unseres Lebens ist, das muss jeder Mensch für sich selber herausfinden. Dass da am Ende Freude sein wird, ist die große Verheißung des christlichen Glaubens.
Das sollte man sich ruhig auf eine Tafel schreiben, so wie in Bethel, damit man es nicht aus dem Blick und aus dem Herzen verliert.
— Ihr Albrecht Philipps, Pfarrer