Die Turmuhr der evangelischen Kirche in Ochtrup
Die Zeitglocke und das Geläut
Auf der höchsten Turmebene hängen die 3 Glocken. Der vom Schlagwerk der Uhr kommende Seilzug führt direkt zu dem schwarzen Hammer, der an der linken Seite auf die stehende Glocke die Zeit schlägt. Rechts unten im Bild erkennt man in grüner Farbe einen Elektromotor, der die ganze Glocke mit dem Antriebsrad hin und her schwingen kann, wobei der verzögert folgende Klöppel, bei genügend großer Schwingungsamplitude, am Glockenkörper anschlägt. Diese Funktion des Läutens wird, wie es auf gleiche Weise bei den beiden größeren Glocken geschieht, durch eine moderne Läutemaschine gesteuert.
Mit der Läutemaschine mit Quarzuhr und Funkkorrektur über den DCF-Sender, der sein Signal von der PTB in Braunschweig erhält, kann man u.a. Beginn und Dauer des Läutens an dem unteren Teil der Anlage programmieren. Sie läutet z.B. täglich um 18 Uhr. Ursprünglich wurden die Glocken von Hand geläutet.
Die Ansteuerung der 3 Zifferblätter
Die vom Uhrwerk kommende Eisenstange macht in der Stunde genau eine Umdrehung. In Höhe der Zeigerachsen wird über Winkelzahnräder die Bewegung zunächst auf ein horizontales Gestänge zur Norduhr und über weitere Winkelzahnräder zur Süd- und zur Ostuhr gebracht.
Damit wird der Minutenzeiger über seine Achse angetrieben. Hinter jedem Zifferblatt sitzt eine eigene Untersetzung 12:1 für den jeweiligen Stundenzeiger
Die Antriebsgewichte
Das Uhrwerk
Die Uhr besteht aus einem Gehwerk mit Grahamhemmung, Sekundenpendel und Zwischenaufzug („konstante Kraft“). Bis auf diese letzte Besonderheit unterscheidet sich das Gehwerk im Prinzip nicht von den Werken der häuslichen Stand- oder Wanduhren. Das Schlagwerk ist ganz analog zu Hausuhren mit Voll- und Halbstundenschlag aufgebaut. Im Unterschied zu den Hausuhren besitzt die Turmuhr einen elektrischen Aufzugsmotor, den sie selbst steuert. Diese Beschreibung reicht für den Fachmann.
Für den interessierten und geduldigen Laien folgt eine ausführliche Betrachtung des Gehwerks. Schlagwerk und Gehwerk sind von links nach rechts nebeneinander angeordnet. Das große rechte Walzenrad über der Marmortafel dreht sich einmal pro Stunde, was über Winkelzahnräder (siehe die Hand) auf die nach oben führende Minutenstange zu den Zifferblättern weitergegeben wird. Die Ankopplung an das Kontrollzifferblatt ist verdeckt.
Das Pendel
Als zeitbestimmendes Element dient ein Pendel. Es ist oben an einer Blattfeder aufgehängt. Das obere Ende des ansonsten verdeckten hölzernen Pendelstabs, der die mehrere Kilogramm schwere eiserne Pendelscheibe trägt, ist im linken Bild gut zu erkennen. Mit der Mutter unter der Pendelscheibe, links unten im Bild, kann die Länge l des Pendels, das ist der Abstand zwischen Aufhängepunkt und der Mitte der Pendellinse, reguliert werden. Das Pendel, zuerst
von Galilei physikalisch betrachtet und von Huygens erfolgreich als Zeitnormal im Uhrenbau eingesetzt, bewegt sich von einem Umgehrpunkt zum nächsten in einer bestimmten Zeit T.
Für die Länge gilt näherungsweise
l = g T ²/ π², mit der Erdbeschleunigung g ≈ 9,81 m/s².
Mit π² ≈ 9,86 folgt, dass ein Sekundenpendel (T=1 s) etwa ein Meter lang ist. Die Näherung wird durch Reibungseffekte zusätzlich gestört (s. den Abschnitt Hemmung). Die experimentelle Einregulierung erfolgt über die Reguliermutter.
Die Hemmung
In der rechten Abbildung ist das Gehwerk genauer dargestellt. Die Übersetzung der Zahnräder ist so gewählt, dass sich das obere Rad, das Ankerrad, 60 Mal so oft dreht wie die Walze, also einmal pro Minute und zwar gegen den Uhrzeigersinn. Die Walze, an der das Gehwerksgewicht zieht, Sie würde mit großer Geschwindigkeit ablaufen, wenn sie nicht durch die zu besprechende Hemmung daran gehindert würde. Die Hemmung besteht aus dem Pendel, dem Ankerrad, und darüber angeordnet, dem mit zwei Klauen besetzten Anker, der über seine Achse mit der Pendelbewegung gekoppelt ist. Im Bild stoppt die rechte Klaue des Ankers das Ankerrad und damit das gesamte Räderwerk, während die linke Klaue gerade über einem Zahn steht. Vom Pendel erkennt man nur Teile der braunen hölzernen Pendelstange. Wenn nun das Pendel nach rechts schwingt, zieht es die rechte Klaue aus dem Ankerrad uns schiebt die linke Klaue in die nächste Lücke hinein. Der Rückschwung des Pendels verläuft entsprechend, das heißt, nach 2 Sekunden hat das Ankerrad genau einen Zahn zurückgelegt, was bei 30 Zähnen auf die gewünschte volle Umdrehung pro Minute führt. Ein Pendel würde mit der Zeit wegen Reibung in der Aufhängung, Reibung durch Luftwiderstand und wegen Reibung zwischen Ankerzähnen und Klauen seine Schwingungsenergie verlieren. Diese Energie muss von der Uhr nachgeliefert werden. Man erkennt im Bild das die Ankerflächen angeschrägt sind. Immer wenn der Ankerkloben eine Zahnlücke verlässt, wird er von der Zahnspize etwas angehoben, wodurch gleichzeitig das Pendel einen beschleunigenden Stoß bekommt. Die mathematische Formel der Pendelschwingung stimmt dann noch als gute Näherung. Man dreht zur Korrektur etwas an der Reguliermutter.
Der Zwischenaufzug
Die drei korbähnlich angeordneten Zahnräder sind eine Besonderheit besserer Turmuhren. Das Ankerrad erhält seinen Antrieb nämlich nur indirekt von der Walze. Eine Minute lang wird der Gewichtsantrieb gestoppt und nur das quer stehende kleine Gewicht (s.o.) bewegt, indem es etwas herabsinkt, das Ankerrad. Anschließend wird das kleine Gewicht durch den Walzenantrieb wieder angehoben, Dieser Zwischenaufzug verhindert, dass die bei Kälte und Wärme unterschiedliche Reibung der schweren Achsen in ihren Lagern zu unterschiedlichen Schwingungsweiten des Pendels führt.
Der Aufzug
Die Gewichte können im Notfall über die mit Vierkant nach vorn zeigenden Achsen aufgezogen werden. Normalerweise übernimmt dies aber der links unten angebrachte Elektromotor. An- und Abschalten des Motors erledigt die Uhr zweimal am Tag über die beiden Stifte am rechten Zahnrad. Im Bild steht die Auslösung des Hebelwerks auf der Marmorplatte kurz bevor.